Warum ich Karate mache
Ich bin Sophie und bin jetzt seit fünf Jahren im Jukengo. Angefangen habe ich mit vierzig, weil ich merkte, dass es wichtig wird, etwas für Körper und Muskeln zu tun, damit es mir gut geht.
Wie ich zum Karate gekommen bin? Im Urlaub hatte mir eine Frau von Judo vorgeschwärmt. Mich interessierte besonders der geistige Aspekt, den sie an dem Kampfsport beschrieb, da ich die meisten Sportarten eigentlich immer etwas langweilig fand.
Zuhause habe ich dann mit Oli gesprochen, der damals neben uns wohnte. Oli ist Trainer im Jukengo. Er erklärte mir, dass man in Judo viel auf den Boden geworfen wird, was mich dann etwas abschreckte. Er schlug mir vor, es doch mal mit Karate zu versuchen: Das sei ganz anders und auch wunderbar in meinem Alter zu erlernen. Ja, die Worte Spaß, netter Verein und Karatefreizeit kamen häufiger in seiner Beschreibung vor. Natürlich unterstrich er auch wortreich, wie gut Karate für Muskelaufbau, Koordination, Gelenkigkeit, Balance, Ausdauer, Rhythmus und Schnelligkeit sei.
Er hat nicht übertrieben, muss ich sagen.
Nach dem ersten Training kam ich nach Hause und hatte so viel Spaß gehabt, dass ich meinen Mann überredete, das nächste Mal mitzukommen. Seit dem trainieren wir zusammen im Ju Kengo und tragen inzwischen beide den blauen Gurt.
Das Großartige an Karate ist, dass dieser Sport wirklich alles abdeckt. Die Atmosphäre ist im Dojo (so nennen wir den Trainingsraum) immer so, dass man sich für Fehler nicht schämen muss, weil sowieso jeder an seine Grenzen kommt. Weil Karate ein Sport ist, bei dem man sich selbst verbessert, gibt es den Konkurrenzgedanken gar nicht so. Für die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber haben wir den Zweikampf. Ich hätte nie geglaubt, wie viel Spaß das macht. Da der erste Grundsatz die Verantwortung für unser Gegenüber ist, gibt es keine wilde Schlägerei. Wir wissen, was wir tun und was unser Partner tun wird. Dann versuchen wir natürlich schon, etwas schneller oder weiter zu sein, um unseren Partner zu fordern. Umgekehrt natürlich auch… So ist es wie ein Spiel – bei hoher Konzentration.
Aber auch die Katas, die wir lernen, machen mir großen Spaß. Jede Kata hat ihren ganz eigenen Bewegungscharakter. Manchmal ist es echt knifflig, sich die vielen Bewegungsabläufe exakt zu merken, aber wenn Du das einige Male trainierst, merkst du enorme Fortschritte. Und plötzlich kannst Du eine neue Kata! Manche von uns können die Katas wunderschön laufen – da hat es auch durchaus etwas Künstlerisches oder Tänzerisches.
Neben dem Zweikampf und den Katas lernen wir noch die Grundschulbahnen (Kihon), das sind die Grundelemente aller Karatebewegungen und ihre Kombinationen. Das hat sehr viel mit Koordination zu tun und gibt manchmal ein tüchtiges Durcheinander im Kopf! Nach ein paar Bahnen geht es dann aber… Dann konzentrierst Du dich, die gleichen Bewegungen stärker oder schneller, lockerer oder langsamer zu machen. Am Ende bist du pitschenass geschwitzt!
Ich mag an Karate, dass man bei der vielen Hirnarbeit herrlich den Alltag hinter sich lassen kann. Darüber hinaus wurde mir erst beim Karate richtig klar, dass ich schlecht werde, wenn ich zweifle und richtig gut werde, wenn ich glaube, dass ich gut bin. Und die Tatsache, dass man so deutlich merkt, wie lernfähig man ist, dass gefällt mir auch besonders gut.
Dass das Lernen kein Ende nimmt und nehmen soll, ist eine Erkenntnis, die sich über den Sport hinaus in mein Leben eingewoben hat.